Zugewinnausgleich ist entgeltlicher Vermögenszuwachs

Der BGH stellte fest, dass eine Leistung unentgeltlich ist, wenn ihr keine Gegenleistung gegenübersteht. Entgeltlich ist dagegen eine Zuwendung, wenn sie zur Erfüllung einer rechtswirksamen Verbindlichkeit erfolgt.

Die Zahlung des Zugewinnausgleichs ist regelmäßig kein unentgeltlicher Vermögenserwerb, denn durch diese Zahlung ist seine Ausgleichsforderung gem. § 1378 Abs. 1 BGB erfüllt worden.

Zudem dient der Zugewinnausgleich nach seinem Grundgedanken der Teilhabe an dem während der Ehe gemeinsam erwirtschafteten Vermögen. Die jeweiligen Leistungen, die die Ehegatten im Rahmen ihrer innerfamiliären Arbeitsteilung erbringen, sind grundsätzlich als gleichwertig anzusehen.

Die Gründe im Einzelnen:
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Auslegung von Individualvereinbarungen grundsätzlich Sache des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt ist und gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört, dass in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen ist und dass bei der Auslegung die beiderseitigen Interessen gebührend zu beachten sind (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2009 – II ZR 222/08, WM 2009, 2321 Rn. 18). Dieser Überprüfung hält die Auslegung des Berufungsgerichts stand.

2. a) Das Berufungsgericht hat seiner Auffassung, die Auszahlung des Zugewinnausgleichs sei ein entgeltlicher Vermögenserwerb, rechtsfehlerfrei die rechtliche Bedeutung dieser Begriffe zugrunde gelegt. Die Revision zeigt keinen
Anhaltspunkt dafür auf, dass die Parteien, eine Bank in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft und ein geschäftserfahrener GmbH-Gesellschafter und Geschäftsführer, die genannten Begriffe nicht im Sinne des juristischen, sondern in dem des allgemeinen Sprachgebrauchs verwendet haben, und dass die Begriffe im allgemeinen Sprachgebrauch eine andere Bedeutung als im juristischen haben.
b) Im Rechtssinn wie auch im allgemeinen Sprachgebrauch ist eine Leistung unentgeltlich, wenn ihr keine Gegenleistung gegenübersteht, dem Leistenden also keine dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende Gegenleistung zufließt (BGH, Urteile vom 28. Mai 2009 – Xa ZR 9/08, WM 2009, 1760 Rn. 8 und vom 13. Februar 2014 – IX ZR 133/13, WM 2014, 516 Rn. 14). Dabei steht der Unentgeltlichkeit, anders als die Revision meint, nicht nur eine synallagmatische oder kausale Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung entgegen. Entgeltlich sind auch Zuwendungen, die zur Erfüllung einer rechtswirksamen Verbindlichkeit erfolgen (MünchKommBGB/J. Koch, 6. Aufl., § 516 Rn. 25; Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., § 516 Rn. 9 a), weil die dadurch bewirkte Befreiung von der Verbindlichkeit einen Vermögensvorteil für den Leistenden darstellt (RGZ 105, 246, 248; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Mai 1963 – V ZR 141/61, NJW 1963, 1613, 1614) und dementsprechend der durch die Leistung erfüllte Anspruch des Empfängers erlischt.

Gemessen hieran ist die Zahlung des Zugewinnausgleichs, die der Beklagte von seiner geschiedenen Ehefrau erhalten hat, kein unentgeltlicher Vermögenserwerb, weil durch diese Zahlung seine Ausgleichsforderung gemäß § 1378 Abs. 1 BGB erfüllt worden ist. Zudem dient der Zugewinnausgleich nach seinem Grundgedanken der Teilhabe an dem während der Ehe gemeinsam
erwirtschafteten Vermögen (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 – XII ZR 125/12, NJW 2013, 3642 Rn. 27 und Beschluss vom 16. Oktober 2013 – XII ZB 277/12, NJW 2013, 3645 Rn. 19, jeweils mwN). Die jeweiligen Leistungen, die die Ehepartner im Rahmen ihrer innerfamiliären Arbeitsteilung erbringen, sind grundsätzlich als gleichwertig anzusehen (BVerfG, NJW 2003, 2819, 2820).
Entsprechend der zivilrechtlichen Einordnung des Zugewinnausgleichs nach Scheidung einer Ehe als entgeltliche Zuwendung unterliegt die Ausgleichsforderung gemäß § 1378 Abs. 1 BGB in Fällen, in denen der Güterstand der Zugewinngemeinschaft in anderer Weise als durch den Tod eines Ehegatten beendet wird, gemäß § 5 Abs. 2 ErbStG nicht der Erbschafts- und Schenkungssteuer (vgl. hierzu BFH, FamRZ 2006, 1670, 1671). Der Zugewinnausgleich nach Scheidung der Ehe fällt auch nicht unter die Aufzählung unentgeltlicher Zuwendungen in Nr. 5.2. der Vereinbarung vom 1. August 2006. Die Aufzählung ist zwar nur beispielhaft und nicht abschließend. Gleichwohl kann der Zugewinnausgleich nach Scheidung der Ehe nicht als ausgleichspflichtige, unentgeltliche Zuwendung angesehen werden. Er ist vielmehr den Vermögenszuwächsen durch den Tod des Ehegatten vergleichbar, die ausdrücklich von der Ausgleichspflicht ausgenommen sind.

BGH, Urteil vom 21. 10. 2014 – XI ZR 210/13


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