Neues internationales Scheidungsrecht

eurolandAb dem 21.6.2010 wird eine neue EU Verordnung anwendbar sein, die ROM III VO. Diese VO wird allerdings nicht in allen Mitgliedstaaten, sondern nur in 14 von 27 Mitgliedstaaten anwendbar sein. Für eine europaweit einheitlich geltende Verordnung fehlte es an der notwendigen Einstimmigkeit im Rat. Die Rom III-Verordnung wurde deshalb in dem Verfahren über die verstärkte Zusammenarbeit geschaffen. Zu den beteiligten Staaten zählen aber sowohl Deutschland als auch Frankreich, Italien, Spanien, Belgien, Portugal, Malta ( mit Einschränkungen, da Malta keine Scheidungen kennt ), Lettland, Luxembourg, Ungarn, Rumänien, Slowenien und Österreich.

Die Rom III-Verordnung stellt das vorhandene nationale Kollisionsrecht auf eine weitesgehend neue Basis. So wird im Rahmen der objektiven Anknüpfung auf den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat abgestellt.

Haben also zwei Deutsche ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich, gilt für diese Paar ab Sommer 2012 das französische Scheidungsrecht – abweichend von der bisherigen Lösung. Eine Verweisung auf das deutsche Recht wird nicht mehr vorgenommen. Zwei Franzosen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland werden demgegenüber – auch von deutschen Gerichten – zukünftig nach dem deutschen Recht und nicht mehr dem französischen Recht geschieden.

Regelmäßig wird in Scheidungsverfahren das Gericht des Staates angerufen, in dem sich der gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten befindet. Stellt man im Rahmen der internationalprivatrechtlichen Anknüpfung auf den gewöhnlichen Aufenthalt ab, so wendet das angerufene zuständige Gericht sein eigenes Recht an. Durch die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt erspart man sich daher im praktischen Ergebnis regelmäßig die Mühen und Kosten der Anwendung eines
fremden Rechts.

Es gibt aber in der Rom III-VO noch eine weitere grundlegende Änderung, und diese betrifft die Rechtswahl. Die Rom III-Verordnung geht vorrangig davon aus, dass die Ehegatten das auf die Scheidung anwendbare Recht per Rechtswahl bestimmen können. Wählbar ist das Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören oder auch nur ein Ehegatte angehört. Wählbar ist aber auch das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Wählbar ist aber darüber hinaus auch allgemein das Recht des Staates des angerufenen Gerichts.

Die großzügige Zulassung der Rechtswahl führt dazu, dass sich der Stellenwert der nationalen Rechts verändert ( so Dr. Jürgen Jekewitz ): Bislang wurde ein EU-Angehöriger zumeist von seiner Heimatrechtsordnung ein Leben lang begleitet, ohne sich dieser durch einer Rechtswahl entledigen zu können. Nunmehr kann er eine Änderung des für ihn anwendbaren Rechts in vielen Fällen dadurch herbeiführen, dass er das an sich anwendbare Recht abwählt und sich ein für ihn passendes Recht aussucht. Das nationale Recht wird damit in Verhältnissen mit Auslandsbezug weitgehend dispositiv; und dies auch dann, wenn es – wie zumeist Scheidungsrecht – keine dispositiven, sondern zwingende Normen enthält. Es gibt also wohl zukünftig auch internationalen Scheidungsrecht – wie etwa bereits im internationalen Gesellschaftsrecht – einen europäischen Wettbewerb der Rechtsordnungen.


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